Wir leben in der Dualität. Das heißt nichts anderes als „ohne Schmerz keine Liebe, ohne Dunkel kein Licht“.
Es ist ganz natürlich das wir lieber Freude und Liebe leben. Doch kann niemand der nicht auch Schmerz und Leid kennen gelernt hat, wirklich erkennen was Liebe und Freude ist.
Ich hatte das Glück, in einer Familie mit sehr viel Liebe aufzuwachsen. Schmerz und Sorgen wurden so viel wie möglich von mir ferngehalten. Ich empfand es damals sogar immer wieder als erdrückend. Warum? – Weil ich, durch fehlende Erfahrungen von Schmerz und Trauer, nicht erkennen konnte, was ich leben darf. Erst durch meine „Abnabelung“ von zu Hause konnte ich anfangen meine eigenen Erfahrungen zu sammeln.
Das war alles andere als leicht. Diese Art der Liebe konnte mir niemand geben. Ich hatte sie ja noch nicht einmal für mich. Also begann die Suche. Die Suche nach dieser Art der Liebe führte mich durch viel Schmerz, Trauer, Leid. Fehlschläge im privaten wie im beruflichen. „On the Top“, beruflich und privat, angelangt… landete ich immer wieder im Kellergeschoß. Wurde oft Krank dabei, hatte Suizidgedanken, war zweimal durch Krankheit kurz vor dem Sterben.
Heute habe ich sie gefunden. Diese Art der Liebe und Freude. Für mich, in mir und dadurch auch für alle und alles um mich, die diese Liebe wollen und brauchen.
Was ich in all den Jahren der „Suche“ gelernt habe ist, dass jeder Schmerz und das ist ganz natürlich, erst einmal unterdrückt und verdrängt werden will. Niemand macht das richtig „bewusst“. Wir machen das, weil es ein unangenehmes Gefühl ist, weil es nicht ist was wir wollen, weil wir keine Zeit dafür haben, …
Auch die Umwelt, damit meine ich auch und vor allem das Elternhaus, prägen uns unbewusst, in dem sie uns mit Sprüchen wie „Bist du heiratest ist es vorbei“, „ein Indianer kennt keinen Schmerz“, „so ist das Leben“, „wird schon werden“, etc., trösten wollen.
Hier beginnt die aktive Lehre des „Verdrängens“.
Verdrängen ist jedoch nicht mit „gelöscht und gelöst“, gleich zu setzen. Verdrängt wird in das Unterbewusstsein. Das Unterbewusstsein jedoch ist ein Speicher ohne zeitliche Begrenzung.
Wie eine Festplatte auf der Daten immer wieder gespeichert, verschoben, kopiert und gelöscht werden, fragmentiert auch das Unterbewusstsein. Die Daten auf einer fragmentierten Festplatte lassen sich nur noch verzögert abrufen und irgendwann kommt es zum großen Crash und die Wiederherstellung wird erzwungen.
So verhält es sich auch mit unserem Unterbewusstsein. Je mehr wir verdrängen desto mehr überlagern diese verdrängten und nicht gelebten Empfindungen unser Bewusstsein.
Wie ein Nebel der uns die Sicht nimmt, können wir die Umwelt nicht mehr klar wahrnehmen. Irgendwann kommt es zum Kurzschluss und das Unterbewusstsein gibt uns in Form von Krankheiten, Depressionen und Burnouts, zu verstehen, dass es an der Zeit ist, diesen Schleier zu lichten… die Festplatte zu defragmentieren.
Soweit muss es nicht kommen.
Wie kann ich nun mit meiner Trauer und meinem Schmerz umgehen?
Es ist einfach und schwer zu gleich. Hier greift, wie überall, wieder die Dualität.
Um ein Gefühl des Schmerzes und der Trauer loslassen zu können, muss ich mir dieser Empfindungen voll und ganz bewusst werden. Diese akzeptieren. Sie sind da. Jetzt.
Unterdrücke ich sie oder lasse diese Empfindungen „nebenher laufen“, können sie schnell in Wut und Hass transformieren. Schnell sind Dinge getan und Wörter gesagt, die sich nicht wieder Rückgängig machen lassen. Schmerz, Kummer und leid sind sehr persönliche Empfindungen. Sie haben mit uns selbst zu tun, auch wenn sie unter Umständen von anderen oder äußeren Umständen, verursacht worden sind. Wir nicht der Auslöser sind. Trotzdem ist es eine Empfindung in uns selbst und kann daher nur von uns selbst gelebt werden.
Andere können hier nur helfen in dem sie uns ihre Freundschaft und Zuneigung in Form von stiller Anteilnahme versichern. Damit meine ich, wenn ich in Schmerz und Kummer versinke, will ich alleine sein, Schokolade oder Eis essen, vielleicht die Wohnung einfach etwas versauern lassen, mich nicht rasieren oder schminken, will ich weinen und die Taschentuchindustrie ankurbeln, will ich den ganzen Tag über komplette Serien ansehen, will ich mich austoben, etwas Abenteuerliches machen, etc. etc.
Was ich nicht will, ist jemanden der mir, – gut gemeint und auch ehrlich besorgt -, sagt ich darf mich nicht gehen lassen, oder mir die Wohnung aufräumt, mir sagt ich soll nicht so viel Schokolade oder Eis essen da ich sonst zunehme, …
Besser wäre es der- oder diejenige setzt sich schweigend mit einem Eimer Eis und zwei großen Löffeln zu mir und genießt mit mir schweigend das Eis. Er oder Sie, ist einfach da und wenn mir danach ist, weiß ich, das ich einen Zuhörer habe. (der braucht dann aber auch oft ein dickes Fell – aber das ist ein anderes Thema „richtiges zuhören“). Das ist stille Anteilnahme. Die beste Hilfe.
Was also tun um mit diesen Empfindungen umzugehen? Setzt euch ein zeitliches Limit!
Sagt euch ihr werdet jetzt, da dieses Gefühl da ist, dieses zulassen und durchleben damit es verschwinden kann. Ist ja nicht gerade angenehm, warum länger als notwendig mit mir herumtragen und mich trüben lassen?
Setzt euch zum Beispiel, zwei Wochen als Frist. Geht zum Kalender und markiert den letzten Tag der Frist. Setzt ein Simile, ein Herz, ein schönes Bild,… was auch immer auf diesen Tag. Sagt euch bewusst, dass dies die Zeit ist, die ihr euch nehmt um diese Empfindungen von Schmerz, Leid und Trauer, voll zu erleben. Sagt euch, dass genau an dem Tag der auf das Ende der Frist fällt, alles durchlebt ist und euer Leben, frei von diesen Empfindungen wieder weitergeht. Ihr habt dann ja alles voll durchlebt und angenommen. Nicht mehr notwendig es nebenher weiterplätschern zu lassen.
Eurem Umfeld könnt ihr das auch so kommunizieren. Wer es nicht verstehen will, dem sagt er soll sich einfach bis zum Ende der Frist nicht blicken lassen und euren Wunsch einfach akzeptieren. Auch auf der Arbeit ist es okay wenn man diesen Wunsch ausdrückt. Besser ihr seid einmal zwei Wochen in euch verschlossen, unrasiert, ungeschminkt, ungebügelt, ohne Krawatte, in unzusammenhängenden Farben gekleidet, etc. als das ihr der Firma später längerfristig aufgrund von Krankheiten, Depressionen und Burnouts, fehlt. Es ist auch ein Zeichen von Menschlichkeit. Wir sind Menschen keine Maschinen. Wenn es jemand nicht versteht, dann erklärt ihm oder ihr, das Maschinen in die Werkstatt zum Service gebracht werden, Festplatten defragmentiert werden und Fassaden neu gestrichen werden, wenn etwas nicht in Ordnung ist. So ist es auch beim Menschen. Ihr benötigt einfach eine kurze Wartungszeit, einen Service, einen neuen Anstrich.
Nehmt Urlaub oder geht zum Arzt und erklärt die Situation, sollte es nicht anders im Umfeld machbar sein.
Nach der festgesetzten Frist, könnt ihr euch sagen, dass ihr durch diese Empfindungen durchgegangen seid. Ihr habt sie bewusst gelebt. Daher könnt ihr sie auch los lassen. Es wird im Unterbewusstsein nichts mehr unverarbeitet zurückbleiben. Ein dumpfes Gefühl vielleicht wenn ihr darüber nachdenkt, jedoch kein Stechen und keine erneut aufkeimende Wut und Leid, kein erneutes durchleben. Es wird nicht immer und immer wieder an die Oberfläche kommen und euch in den unpassendsten Momenten vom Erleben von Freude und Liebe abhalten.
Das Leben ist zu schön um es sich vernebeln und sich von Liebe und Freude abhalten zu lassen.
Janprem Singh